Grundschule auf FRANKLIN Mannheim
Auf einer Konversionsfläche so groß wie die Mannheimer Innenstadt entsteht das neue Stadtquartier FRANKLIN. In der ehemaligen Wohnsiedlung der US-Streitkräfte stand für die Grundschule mit Ganztagsbetreuung ein Grundstück mit einem bestehenden Schulgebäude darauf zur Verfügung. Laut Ausschreibung sollte zunächst der neue Schultrakt entstehen und nach Abriss des Bestandsbaus an dessen Stelle als zweiter Bauabschnitt die Sporthalle. Unsere flächenschonende Lösung ermöglichte es, beide Gebäude, Schulhaus und Sporthalle, gleichzeitig zu realisieren, ohne den Altbau zu tangieren.
Tatsächlich werden alle Bestandsbauten der Franklinschule einschließlich des zuvor zum Abriss vorgesehenen Klassentrakts weiter genutzt, was den zwischenzeitlich gewachsenen Bedarf abzudecken hilft. Dies gelang zum einen durch die geschickte Platzierung zweier kompakter Baukörper, die im rechten Winkel und versetzt zueinander differenzierte und teilüberdachte Freiflächen auszonieren, etwa als geschützten Pausenhof oder als halböffentlichen Vorplatz mit Straßenbahnanbindung. Zum anderen ist das Dach der zur Hälfte in das Gelände eingesenkten Sporthalle in das Außenraumkonzept einbezogen und dient ebenso wie der anregend gestaltete Hof als Pausenfläche.
Holzhybrid
Die vierzügige Grundschule mit Ganztagesbetreuung und die Zweifach-Sporthalle wurden in Holzhybridbauweise errichtet. Das erklärte Ziel dabei: möglichst nachhaltig zu bauen, viele natürliche Rohstoffe (etwa Zellulosedämmstoff und Holz) und energieeffiziente Gebäudetechnik einzusetzen. Die hinterlüftete Holzfassade mit ihrem farbigen Anstrich macht dies nach außen hin deutlich.
Im EG befinden sich u. a. die Räume für die Tagesbetreuung und die Verwaltung, Fachräume sowie die Mensa, die sich zum großzügigen Schulhof hin öffnet. Von der als Marktplatz definierten Erschließungsfläche beim Eingang führt an zentraler Stelle eine breite Sitztreppe hinauf zu den „Clustern“ im OG.
Lernen im Cluster
Die 16 Klassenräume befinden sich in einzelnen, gereihten Holzhäuschen, jedes mit eigenem Zeltdach und zusätzlicher Belichtung durch ein Oberlicht. Sie vermitteln ein einzigartiges Raumgefühl und dienen, auch von außen als einzelne Lernhäuser erkennbar, für die knapp 450 Schüler als Identifikationspunkte. Jeweils vier dieser „Klassenhäuser“ bilden ein jahrgangsgemischtes Cluster, innerhalb dessen die Kinder vertrauensvoll mit- und voneinander lernen. Die jeweiligen Erschließungsflächen sind multifunktional nutzbar und bieten direkten Zugang zu den innen gelegenen Lichthöfen mit Pausenflächen.
Die Wände und Decken aus vorgefertigten, unbehandelten und sichtbar belassenen Brettstapelelementen wurden auf der Baustelle in kurzer Montagezeit (Planung und Lieferung etwa ½ Jahr) zusammengefügt.
Die Klassenzimmer werden effizient und sparsam über eine CO₂-gesteuerte Be- und Entlüftungsanlage versorgt. Per Schwerkraftlüftung ist die Nachtauskühlung möglich. Energie liefern eine Photovoltaikanlage und das örtliche Fernwärmenetz. Durch einen umlaufenden Balkon mit zwei Fluchttreppen und den Typus der Clusterschule, der in Mannheim hier zum ersten Mal Anwendung findet, ließen sich die notwendigen Flure und Treppen auf ein absolutes Minimum reduzieren. Neben der Erfüllung der Brandschutzbestimmungen dient der Fluchtbalkon auch als feststehender Sonnenschutz für die großzügig verglasten Räume im Erdgeschoss.
Vom Pausenhof aus führt eine Sitzstufenanlage auf die zur Hälfte eingegrabenen Sporthalle. Ihr begehbares Dach ist auch barrierefrei über den Balkon und die Eingangsüberdachung zu erreichen. Die dadurch zusätzlich zur Verfügung stehende Pausenhoferweiterung unter einer mit Photovoltaik bestückten, schattenspendenden Pergola bietet zudem Platz für Hochbeetanlagen und eine „Forscherlandschaft“. Retentions- und Biodiversitätsdächer helfen, Starkregen zurückzuhalten.
Große Teile des unversiegelten Schulhofs sind mit einem begrünten, von einer Skate-Bahn umringten Hügel gestaltet. Darunter liegen großzügig dimensionierte Versickerungsanlagen, die das gesamte Regenwasser in den Untergrund einleiten.
Bauherr:
Stadt Mannheim / Fachbereich Bildung,
vertreten durch BBS Bau- und Betriebsservice GmbH, Mannheim
Architekten:
LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei GmbH & Co. KG, Stuttgart
LRO-Projektbeteiligte:
Marc Oei, Katja Pütter, Klaus Hildenbrand (Projektleitung), Heiko Müller
Projekt- und Bauleitung: Benjamin Berbig
Projektteam inkl. Bauleitung: Jennifer Martin, Nicole Epple, Johannes Schreiner
Tragwerksplanung:
Mayer-Vorfelder und Dinkelacker, Sindelfingen
Freianlagenplanung:
Helmut Hornstein, Überlingen
Versorgungstechnik:
Team für Technik, Karlsruhe
Elektroplanung:
Burnickl Ingenieur, Würzburg;
BBS Bau- und Betriebsservice, Ertugrul Metin
Brandschutzplanung:
TB Portillo, Edingen-Neckarhausen;
Manfred Oelmaier, Biberach
Bauphysik:
Bayer Bauphysik Ingenieurgesellschaft, Fellbach
Küche:
Ingenieurbüro Jakob, Mannheim
Aufzug:
Büro.460 Planungsges. für Fördertechnik, Weingarten
SiGeKo:
Beck Ingenieurbüro, Mannheim
Holzmassivbau:
Grossmann Bau, Rosenheim
Holzfassade:
Holzbau Kraushaar, Neuhofen
Planungswettbewerb:
2019, Preis
Planungsbeginn:
10/2019
Baubeginn:
02/2021
Inbetriebnahme:
09/2023 (Sporthalle: 03/2024)
BGF:
8.995 qm
BRI:
41.780 cbm
Standort:
Wasserwerkstraße 64, 68309 Mannheim
Veröffentlichungen:
Baunetz
04.11.2024
db deutsche bauzeitung
11|2024
wettbewerbe aktuell, "Weiterverfolgt"
11|2024
Fotos:
Roland Halbe, Stuttgart