Meilenstein der Stadtqualität: Die neu gestaltete Vorfläche des Stuttgarter Stadtmuseums ist an den ebenfalls neu angelegten Gehweg entlang der Konrad-Adenauer-Straße angebunden, der nun an die von James Stirling etablierte Platanen-Allee vor der Staatsgalerie anschließt. Die bestehende Doppelbaumreihe wurde um acht weitere Bäume vor dem Hauptstaatsarchiv verlängert und ergänzt. Die neue Gestaltung öffnet die über lange Jahrzehnte hinweg verschämt von der Straße abgewandte Perlenkette öffentlicher Kultureinrichtungen wieder zur Innenstadt hin.
Die durchgehende und großzügig dimensionierte Fußgängerverbindung entlang der gesamten „Kulturmeile“ macht den verkehrsbelasteten Stadtraum erstmals als Aufenthaltsort erlebbar und gibt zusammen mit den Freiflächen der Landesbibliothek einen Ausblick darauf, welche stadträumlichen Qualitäten durch die zukünftige Umgestaltung der B14 zu erwarten sind. Die Besucher der Cafeteria der Württembergischen Landesbibliothek nutzen den Außenbereich entlang der Straße gerne und ausgiebig – entgegen aller Unkenrufe, man könne sich an der stark befahrenen „Stadtautobahn“ nicht aufhalten.
Das Stadtmuseum ist überglücklich über die hinzugewonnene Freifläche vor dem Haus, auf der es mit hochfrequentierten Veranstaltungen in den Stadtraum und auch in die Gesellschaft hineinwirken kann.
Auch auf der oberen Ebene, dem „Hohen Ufer“, sind StadtPalais, Archivgebäude und Vorplatz der Württembergischen Landesbibliothek vom Charlottenplatz aus auf wieder in einem Zug ebenerdig zugänglich.
Ein rund zehn Meter hoher Turm aus weißem Recyclingbeton vor dem StadtPalais dient in erster Linie als Lüftungsschacht für die Luftkühlung des Trafos der Stadtbahn im Technikgeschoss der Haltestelle Charlottenplatz. Die vorherige Lüftungsöffnung war nicht havariesicher und direkt an der vielbefahrenen Kreuzung eine potenzielle Gefahrenquelle.
Um die Zahl der Bauwerke vor dem historischen Palais zu minimieren, dient das weithin sichtbare Kombinationsbauwerk überdies als Fahrgastunterstand für die neue barrierefreie Bushaltestelle am Charlottenplatz und auch als Werbefläche, auf der das StadtPalais – Museum für Stuttgart per Banner auf Veranstaltungen und Programme hinweist.

Ein weiteres zentrales Element ist die 80 m breite Freitreppe vor dem StadtPalais, die dessen nun endlich wieder zugänglichen Haupteingang inszeniert und ihn besser als je zuvor in den Stadtraum einbindet. Mit ihr zusammen bietet der nun an den Stadtboulevard angeschlossene Vorplatz Sitzmöglichkeiten und reichlich Aufenthaltsqualität, die seit Eröffnung viel Wertschätzung erfahren.

Komplexe Technik im Untergrund: Für die Umgestaltung bedurfte es einiger Abbrucharbeiten und des Umbaus von Pumpenraum und Notfallentwässerung vor dem Hauptstaatsarchiv sowie der Verlegung zahlreicher Leitungen des öffentlichen Netzes von Gas über Wasser und Strom bis Telekommunikation. Auf diese Weise entstand der nötige Raum für den Boulevard und vor allem die neuen hochstämmigen Stadtbäume und deren Wurzelwerk.
Die parallele, sich zum Teil überlagernde und überschneidende Führung unterschiedlicher Leitungstrassen und die Raumnot zwischen Unterführungen und Geländeoberfläche erforderten komplexe geometrische Überlegungen und maßgeschneiderte Lösungsansätze. Mitunter wurden bestehende Strukturen umorganisiert, aber auch mitgenutzt.
Die sichtbaren Oberflächen der neuen 60 m langen Stützmauer sind in besonders hoher Oberflächenqualität mit einer Bretterschalung ausgeführt und korrespondieren mit den Fassaden der benachbarten Landesbibliothek.
Der sickerfähige Belag des Vorplatzes leitet anfallendes Niederschlagswasser über das Dränpflaster direkt in den Untergrund ein.

Bauherrschaft:
Tiefbauamt, Stuttgart

Entwurf und künstlerische Oberbauleitung:
LRO GmbH & Co. KG, Stuttgart

Planung Verkehrsanlagen und Tiefbau:
Dr.-Ing. Heinrich GmbH, Planungsgesellschaft, Waiblingen

Tragwerksplanung:
Leonhardt, Andrä und Partner
Beratende Ingenieure VBI AG (LAP), Stuttgart

Eröffnung:
8. Mai 2024

Veröffentlichung:
"Ein Boulevard für die Stadt", Stuttgarter Zeitung, 6.5.2024

Fotos:
LRO