K32 - Hotel und Umbau Bürogebäude Stuttgart
In den 1990er Jahren hatte unser Büro die gläserne Hauptverwaltung des Energieunternehmens EVS (1977, Kammerer + Belz und Partner) um einen Neubau mit Klinkerfassade zu einem als Einheit wahrnehmbaren Stadtblock ergänzt.
Nachdem die EVS im Konzern EnBW aufgegangen war, wurde der bisherige Standort in der Stuttgarter Innenstadt nahe des Hauptbahnhofs zunehmend weniger genutzt, dann in die Hände eines Immobilienunternehmens übergeben und schließlich eine Abrissgenehmigung für beide Gebäudeteile erwirkt. Dagegen regte sich in der Öffentlichkeit Widerstand; man hatte die stadtbildprägende Eigenschaft der Architektur erkannt. Zudem ließ die Baubehörde für einen Neubau die ursprünglich genehmigte Mehrausnutzung des Grundstücks nicht mehr zu. Der Besitzer entschied sich für Erhalt und Sanierung des größeren Gebäudeteils aus den 90er Jahren als Bürobau. Der schadstoffbelastete und thermisch nicht mehr funktionsfähige Gebäudeteil aus den 70er Jahren wurde hingegen durch einen Hotelneubau ersetzt.
Das Bestandsgebäude wurde saniert und durch behutsame Umbauten an neue Nutzerbedürfnisse angepasst. Große Teile des qualitativ hochwertigen Innenausbaus konnten dabei erhalten werden. Die gesamte Haustechnik wurde energetisch saniert, die zweischalige, gedämmte Bestandsfassade sowie die Kastenfenster bedurften keiner wärmeschutztechnischen Ertüchtigung. Heizenergie wird nach wie vor dem Fernwärmenetz entnommen.
Besonderes Augenmerk lag auf der Planung der Nahtstellen: Der Bürobau erhielt ein neues Eingangsbauwerk in der Ossietzkystraße mit zusätzlichen Besprechungsräumen in den oberen Etagen und ein neues Treppenhaus an der Goethestraße. Beides ergab sich aus dem Abbruch und der neuen Realteilungsgrenze zwischen Bürobau und Hotel.
Der Hotel-Neubau orientiert sich in der Gebäudehöhe am bestehenden Verwaltungsbau. Die vorhandenen Straßenkanten werden ebenso aufgenommen wie das Farb- und Materialkonzept. Die Fassade aus nahezu schwarzem Klinker mit Betonung der Horizontalen durch weiße Lagerfugen greift auf den Neubau über. Auch die horizontale Gliederung durch die über die Mauerwerksfassade hervortretenden Fensterbänder wird übernommen. Der ganz durchgebrannte und dadurch bläulich-schwarze, englische Stein wurde ursprünglich im Kanalbau verwendet und in den 1990er Jahren ausnahmsweise im Normal- statt im englischen Format hergestellt. Nach langer Recherche konnte für den Neubau ein identischer Stein bei einem deutschen Hersteller gefunden werden.
Im Sinne des Weiterbauens wurde hier ein Stadtblock ergänzt und vervollständigt, der den städtebaulichen Kontext aufgreift und verbessert. Die unterschiedlichen Nutzungen als Hotel (Neubau) und Büro (Bestand) sind trotzdem ablesbar. Beide Gebäudeteile weisen bei gleicher Höhe eine unterschiedliche Geschossigkeit auf, welche sich aus den jeweiligen Nutzungen ganz selbstverständlich ergibt.
Bürogebäude und Hotelneubau bilden jeweils ein „U“ um einen Innenhof herum, voneinander getrennt durch das bestehende Stegbauwerk an der Nahtstelle. Der obere Innenhof auf Höhe der Jägerstraße wird ausschließlich von den Mitarbeitenden des Verwaltungsgebäudes genutzt. Der untere Hof liegt knapp 4 Meter tiefer und ist der Hotelnutzung vorbehalten. Mit überdachten Terrassen, bepflanzten Rabatten und begrünten Fassaden bietet er eine hohe Aufenthaltsqualität für die Gäste. Das Hotel bespielt darüber hinaus die Straßenecke Kriegsberg-/Goethestraße mit einer öffentlichen Außenterrasse und einem Zugang zur Hotelbar.
Das Erdgeschoss wurde zur Kriegsbergstraße hin als gläsernes Sockelgeschoss herausgearbeitet, welches Empfang, Foyer und Bar beherbergt. Darüber befinden sich 6 Etagen und ein Staffelgeschoss für die knapp über 400 Zimmer. Die Innenausstattung erfolgte gemäß den Vorgaben der Hotelkette.
Zur Kriegsbergstraße hin gibt die Gebäudehöhe von 20 Metern einen Ausblick auf den Entwurf des neuen Bebauungsplans, der für das Gebiet zwischen Kriegsberg- und Jägerstraße eine höhere städtebauliche Dichte vorsieht, um dem innerstädtischen Charakter sowie der Nähe zum neuen Hauptbahnhof der Landeshauptstadt Stuttgart gerecht zu werden.
Bauherr:
Projekt Stuttgart Kriegsbergstraße GmbH, vertreten durch die Reiß & Co. Real Estate München GmbH
Architekten:
LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei Architekten, Stuttgart
Käufer und Nutzer Bürogebäude:
Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Stuttgart
und
Bundesbau Baden-Württemberg, Staatliches Hochbauamt Stuttgart
Mitarbeiter:
Heiko Müller, Ingmar Amon, Sonja Malm, Marcus Knust, Benjamin Grab, Heinrich Adams, Benedikt Nauder
Projektsteuerung:
Drees & Sommer Stuttgart GmbH
Tragwerksplanung:
C-I-P GmbH, München
Planung TGA:
Deerns Deutschland GmbH, NL Stuttgart
Bauphysik:
Drees & Sommer Advanced Building Technologies GmbH
Brandschutz:
hhpberlin - Ingenieure für Bandschutz GmbH, München
LP 6-8 Hotel:
Gassmann + Grossmann Baumanagement GmbH (g²), Stuttgart
Generalunternehmen Hotel:
Züblin AG, Stuttgart
Studien für Um- und Weiternutzung des Gebäudes:
09/2016
Bauzeit Hotel / Büro:
2017-2021 / 2017-2020
NF:
ca. 25.000 qm (Hotel: ca. 10.000 qm)
BGF:
ca. 43.000 qm (Hotel: ca. 19.500 qm)
BRI:
ca. 145.000 cbm (Hotel: ca. 65.000 cbm)
Standort Hotel / Büro:
Kriegsbergstraße 32 / Ossietzkystraße 3, 70174 Stuttgart
Auszeichnungen:
Sonderpreis IWS ImmobilienAward 2021
IWS Immobilienwirtschaft Stuttgart e. V.
Beispielhaftes Bauen Stuttgart 2019-2023
Architektenkammer Baden-Württemberg
Fotos
Roland Halbe, Stuttgart