Landesgymnasium Schwäbisch Gmünd
Die Schule und das Internat für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd wurden 2004 bis 2009 vom Land Baden-Württemberg eingerichtet. Die Stadt hatte dazu ein Kasernenareal zur Verfügung gestellt. Unser Auftrag umfasste den Umbau von insgesamt vier Häusern. Für die Schülerwohnungen standen zwei Unterkunftsgebäude aus dem Dritten Reich, für die Lehrer zwei zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete Wohngebäude zur Verfügung. Der architektonische Unterschied zwischen den beiden Bauepochen ist gewaltig. Während die beiden älteren Wohngebäude noch detailliert und gestalterisch hochwertig gearbeitet sind, reduzierte sich der Aufwand beim Bautyp aus den dreißiger Jahren auf den lieblosen Umgang mit dem gerade noch Notwendigen.
Die Lehrergebäude wurden äußerlich in die alte Fassung gebracht, die alte Putzstruktur wurde samt Reliefs wieder herausgearbeitet. Die Aufteilung in einzelne Wohnungen nach den Größenangaben der Bauherrschaft machte in einem Fall neue Erschließungen notwendig. Diese sind in Sichtbeton ausgeführt und mit Abstand vor die alte Fassade gestellt. Auf der Südseite erhielten die einzelnen Einheiten Balkonvorbauten.
Im zweiten Lehrerhaus – der Bau war ursprünglich für höhere militärische Dienstgrade gedacht – reichte die gewünschte Fläche nicht aus. Deshalb wurde das Gebäude um einen Neubau erweitert. Dieser ist mit einem zweigeschossigen Flur an den Bestand gekoppelt, wodurch ein privater Innenhof für die Bewohner gewonnen werden konnte. Auch hier wurde der alten Fassade ihre Detailliertheit zurückgegeben. Sie kontrastiert mit dem Sichtbeton des Anbaus.
Die Probleme der beiden für Schülerwohnungen bestimmten Gebäude lagen zunächst einmal in ihrem Grundriss begründet: Er war geprägt durch Mittelflure, die sich über die gesamte Länge erstreckten und von je zwei Treppenhäusern erschlossen waren. Diese Raumkonfiguration, die auf den ersten Blick negativ an Kasernenbauten erinnert, galt es aufzubrechen. Da die Raumtiefen der einzelnen Zimmer zu groß waren, verkürzten wir diese jeweils um einen kleinen Stichflur. In die nun frei werdende Fläche des ursprünglichen Flurs legten wir Nasszelle, Küche und Essplatz. Dadurch konnten jeweils zwei Wohnungen an ein Treppenhaus angeschlossen werden. Die Zimmer sind wegen des strikten Rhythmus der Fassade und zugunsten einer ausreichenden Belichtung teilweise schräg zugeschnitten. In die Mauern zwischen den neuen Stichfluren und den Küchen- und Essräumen wurden große Löcher geschnitten, die Durchsichten zu den Zimmern ermöglichen.
Typisch für Nazibauten dieser Art sind die großen, über zwei Stockwerke reichenden Walmdächer, unter denen sich als Schutz vor Fliegerangriffen eine zweite Schale aus Stahlbeton befand. Den oberen Teil des Dachs bauten wir zu Gewächshäusern um, die von Weitem – vor allem in den Abendstunden – den Charakter des umgebauten Hauses bestimmen. Im unteren Teil befinden sich nun allgemeine Freizeiträume.
Jede Wohnung erhielt einen eigenen Balkon, der wie eine Gondel vor die Fassade montiert ist. Da das eigentliche Erdgeschoss der Gebäude erhöht ist, legten wir vor beide Häuser einen breiten Sockel, der zum einen die unteren Wohnungen vor Einblicken schützt und zum anderen der unteren Ebene einen privaten Freibereich zuordnet.
Bauherr:
Stadt Schwäbisch Gmünd,
vertreten durch das Hochbauamt Schwäbisch Gmünd
Architekten:
Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart
Mitarbeit:
Simon Buck, Marco Garcia-Barth, Eva Caspar, Daniela Grotz, Klaus Hildenbrand, Lisa Krickl, Stefanie Lempart, Kirstin Schätzel, Henrike Steines, Daniel Trepte
Tragwerksplanung:
Ingenieurbüro für Tragwerksplanung, Günter Reichert, Schwäbisch Gmünd
Wettbewerb:
2003 – 2. Preis
Bauzeit:
-
BA. (Gebäude 12)
2003–2004 Umbau, Sanierung und Außenanlagen
2007 Dachausbau -
BA. (Gebäude 16)
2004–2005 Umbau und Außenanlagen -
BA. (Gebäude 11)
2005 – 2006 Umbau zum Internat und Außenanlagen
2006 – 2007 Innenausbau Labore, 1. Teil
2007 – 2008 Innenausbau Labore, 2. Teil -
BA. (Gebäude 8)
2008 – 2009 Umbau zu Lehrerwohnungen
Standort:
Universitätspark 12, 73525 Schwäbisch Gmünd
Auszeichnungen
Bauherrenpreis 2007
Landeswettbewerb zukunftsfähige Stadterneuerung, Wirtschaftsministerium und Architektenkammer Baden-Württemberg
Veröffentlichungen
Lederer, Arno / Ragnarsdóttir, Jórunn / Oei, Marc (Hg.):
Lederer Ragnarsdóttir Oei 1.
Jovis Verlag Berlin 2012
Falk Jaeger (Hg.):
Lederer + Ragnarsdóttir + Oei.
Berlin 2008
ECOLA. 4. Architekturpreis Putz.
Stuttgart 2006
Architektur + Wettbewerbe
206 | 2006
Ausbau + Fassade
5 | 2005
Wettbewerbe Aktuell
10 | 2003
Fotos
David Franck, Ostfildern
Boris Miklautsch, Stuttgart